Vogelwelt
Der Nationalpark "Ujście Warty" ist ein wahres Königreich der Vögel. Ihr Schutz und der ihrer Lebensräume sind grundsätzliche Funktionen des Parks.
Die Überschwemmungsgebiete an der Warthe spielen eine Schlüsselrolle im Leben vieler Vogelarten. Spezifische, hydrologische Verhältnisse und menschliche Bewirtschaftung (Ausrodung der Wälder, Trockenlegung, Mahd und Beweidung) im Tal der Warthe und an ihrem mündungsnahen Abschnitt haben zur Entstehung eines Mosaiks aus verschiedenen Feuchtbiotopen beigetragen. Dessen Folge ist eine charakteristische Artenzusammensetzung in der hiesigen Vogelwelt. Abhängig von der Jahreszeit gibt es unter den hier vorkommenden Vogelarten: Brüter, Durchzügler, Wintergäste, solche, die hier zur Mauserzeit kommen und solche, die hier nur als Irrgäste erscheinen. Unter den bislang im Park notierten 270 Vogelarten sind über 170 als Brutvögel zu bezeichnen.
Eine sehr bedeutende Gruppe in der Avifauna des Parks stellen die Limikolen dar. Seit mehreren Jahrzehnten wird in Polen und in ganz Europa ein deutlicher Rückgang der Populationen dieser Vögel beobachtet, dessen Hauptgrund das Schwinden von Lebensräumen ist – sowohl in Brutgebieten, als auch an den während der Zugzeit aufgesuchten Rast- und Nahrungsplätzen. Der Erhaltungsstand und die Wiederherstellung entsprechender Lebensräume im Nationalpark "Ujście Warty" tragen dazu bei, dass das Gebiet ein im europäischen Maßstab wichtiges Refugium für diese Vögel darstellt. Limikolen, die im Gebiet des Nationalparks "Ujście Warty" regelmäßig zur Brut schreiten sind: Kiebitz, Rotschenkel, Bekassine, Uferschnepfe, Großer Brachvogel, Flussregenpfeifer und Austernfischer. Der Austernfischer, der in Polen ein äußerst seltener Brutvogel ist, brütet bei uns zulande hauptsächlich an der Küste. Im Landesinneren ist er noch seltener anzutreffen. Deswegen sind die bis zu 5 Paare im Nationalpark "Ujście Warty" eine ornithologische Rarität. Ebenso selten ist die Doppelschnepfe. Für sie gibt es zwar noch keinen eindeutigen Brutnachweis, aber Balzplätze und Territorialverhalten einzelner Vögel wurden schon beobachtet. Zu Limikolen gehören auch Möwen und Seeschwalben, die im Park besonders zahlreich vertreten sind. Von sechs Seeschwalbenarten, die in Polen regelmäßig brüten, schreiten im Parkgebiet fünf zur Brut. Es sind: Trauer-, Weißbart-, Weißflügel-, Fluss- und Zwergseeschwalbe. Fluss- und Zwergseeschwalben legen ihre Nester auf kiesigen Wegen und sandigen Hügeln an. Trauer-, Weißbart- und Weißflügelseeschwalben dagegen bauen ihre Nester auf schwimmenden Pflanzen und auf schwimmenden Decken bestehend aus abgestorbenen Pflanzenteilen. Vertreter der Möwen sind die in Kolonien brütenden Lachmöwen und nicht allzu häufige Sturm-, Silber, Zwerg- und Schwarzkopfmöwen, die meistens in der Lachmöwenmenge vereinzelt zu beobachten sind.
Eine andere, mit Wasser- und Feuchtgebieten besonders verbundene Vogelgruppe, die unter den Brutvögeln des Nationalparks "Ujście Warty" stark vertreten ist, ist die der Gänsevögel. Abhängig vom Wasserstand brüten im Park 250-500 Grauganspaare. Die Graugans ist der einzige heimische, in Polen brütende Vertreter der Wildgänse, dessen Population landesweit auf 2.800-3.000 Brutpaare geschätzt wird. Leicht zu entdecken und zu beobachten ist der größte Vertreter der Gänsevögel, der Höckerschwan. Mit dem ansteigenden Wasserpegel bauen unsere Schwäne ihre Nester immer weiter aus und errichten somit stattliche Bauwerke. Die zahlenstärkste, im Park brütende Entenart ist die Stockente. Manche Jahre erweisen sich als ebenso gut für die Schnatterenten, deren Anzahl sich dann der Anzahl von Stockenten nähern kann. Außer den genannten Entenarten brüten im Park noch: Löffel-, Knäk-, Reiher-, Tafel- und Schellenten sowie sporadisch Krick-, Spieß- und Pfeifenten. Ein wenig bekannter und dabei sehr schön gefärbter und großer Vogel ist die ebenfalls zur Familie der Entenvögel gehörende Brandgans. In ganz Polen brüten 120-140 Brandganspaare, davon in unserem Park maximal bis zu 20. Ebenso schön ist der Gänsesäger, der seine Nester in entlang des Wartheufers wachsenden alten und höhlenreichen Weiden anlegt.
Der Nationalpark "Ujście Warty" ist ein wichtiges Habitat für folgende Vertreter der Lappentaucher – Hauben-, Rothals- und Zwergtaucher, und insbesondere für den in großen Brutkolonien lebenden Schwarzhalstaucher, dessen Zahlenstärke im Park bis zu 10% aller in Polen brütenden Paare erreicht.
Zu den zahlreich im Park vorkommenden Vogelarten gehören die Kormorane, die sich innerhalb großer Brutkolonien konzentrieren. Gegenwärtig gibt es im Park zwei Kormorankolonien, die insgesamt ca. 500 Nester zählen. In der Nachbarschaft der Kormorane legen Vertreter der Schreitvögel ihre Nester an. Dazu gehören Graureiher sowie seltene Silber- und Nachtreiher. Außerdem brütet im Park auch der Schwarzstorch, dessen Nest tief in einem der Erlenbrüche auf dem Nordpolder versteckt ist. Manchmal lassen sich im Park der Kuh- und der Rallenreiher erblicken. Im Jahr 1998, noch bevor der Nationalpark "Ujście Warty" gegründet wurde, konnte im damaligen NSG "Słońsk" eine wahrscheinliche Brut des Seidenreihers festgestellt werden, die zusammen mit der im Oberen Weichseltal 2003 notierten Brut die einzigen Brutbeobachtungen dieser Art in Polen darstellt. Ebenfalls im Jahr 1998 brüteten in der Nähe des Betonplattenweges drei Stelzenläuferpaare, was in Polen ebenfalls eine Seltenheit ist.
In Mai- und Juninächten erklingen über die Überschwemmungsgebiete hinweg Rufe der Rallen – des Tüpfelsumpfhuhns, der Wasserralle und manchmal des Kleinen Sumpfhuhns. In trockeneren Abschnitten des Parks ertönen die Rufe des Wachtelkönigs, dessen Anzahl hier bis zu 160 rufender Männchen erreichen kann.
Der häufigste Vertreter der Greifvögel im Park ist die Rohrweihe – ca. 10 Paare. Es ist eine an das Leben in offener Landschaft der Wiesen und verschiedener Röhrichte ausgezeichnet angepasste Vogelart. Das Nest legt sie tief im dichtesten Bereich der Schilfröhrichte an und jagt im tiefen Suchflug über Wiesen mit V-förmig angehobenen Flügeln. Zu Greifvogelarten, die ihre Nester auf Bäumen bauen gehören: Mäusebussard, Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard, Habicht und Sperber. Von den Falken, die keine eigenen Nester bauen, sondern verlassene Nester der Rabenvögel wie Nebelkrähen oder Kolkraben benutzen, brüten im Park der Turm- und der Baumfalke. Der größte Vertreter der Ordnung der Greifvögel ist der Seeadler. Angesichts seiner Habitatpräferenzen sind die außerhalb des Parks gelegenen großen Waldkomplexe im Norden und Südosten als Brutbiotope viel geeigneter, weshalb der Seeadler dort zahlreicher auftritt. Im Parkgebiet sind drei Brutreviere dieser Art bekannt, jedoch schreitet hier gegenwärtig nur ein Paar zur Brut und zieht erfolgreich regelmäßig ein Junges groß.
Eine besonders artenreiche Gruppe stellen im Park die Sperlingsvögel dar. Eine besondere Beachtung verdienen seltene Arten, die in dem I. Anhang der Vogelschutzrichtlinie aufgelistet sind oder die besondere Aufmerksamkeit der Internationalen Union für die Bewahrung der Natur und Natürlicher Ressourcen (IUCN) genießen, d.h. sog. Rote-Listen-Arten. Beispiele solcher Vogelarten sind: Neuntöter, Blaukehlchen, Sperbergrasmücke und Bartmeise. Nach über zehn Jahren der Abwesenheit ist der Seggenrohrsänger in seine Brutgebiete im Park zurückgekehrt. Dieser kleine Sperlingsvogel, der im globalen Maßstab, also überall dort, wo er vorkommt, ist vom Aussterben bedroht (www.wodniczka.pl). Zu weiteren interessanten Arten, die erwähnenswert sind, gehören: der in Indien überwinternde Karmingimpel, der Raubwürger, der seine Beute (kleine Nager, Eidechsen) auf Dornen der Sträucher aufspießt, die außergewöhnliche Nester bauende Beutelmeise und die schön singenden Arten Nachtigal und Sprosser.
Im Juni und Juli suchen mausernde Enten, Blässhühner, Graugänse und Höckerschwäne nach Schutz im Schatten der Weidengebüsche. Im hohen Gras waten Kraniche hin und her. Während der sog. Mauser wechseln sie gleichzeitig alle Flugfedern aus und werden für eine gewisse Zeit flugunfähig. Auf dem Weg "in warme Länder" erscheinen im Sommer truppweise Waldwasserläufern, Dunklen Wasserläufern, Grünschenkeln, Großen Brachvögeln und verschiedene Strandläufern im Park. An Gräben und auf überschwemmten Wiesen jagen die sich in Scharen versammelnden Schwarzstörche nach Fischen.
Der Herbst ist eine besondere Jahreszeit, in der wir die Gelegenheit bekommen, eins der spektakulärsten Ereignisse im Leben der Vögel, der Herbstwanderung, zuzuschauen. In dieser Zeit herrscht auf den Überschwemmungsflächen der Warthemündung das größte Gedränge. Besonders malerisch sehen die beim Sonnenuntergang mit Geschrei landenden Kranichtrupps (bis 7.000) aus. Ein geübtes Ohr kann aus dem allgegenwärtigen Lärm das Fiepen der Jungkraniche heraushören. Die anfliegenden Kraniche werden von riesigen Gänsescharen begleitet, die ebenfalls im Park übernachten wollen. Die Anzahl von im Parkgebiet gleichzeitig übernachtenden Wildgänsen schwankt zwischen 70.000 und 90.000 und erreicht nicht selten 150.000 oder, als Rekordwert, sogar 200.000 Tiere. Diese Tausende und Abertausende von Vögeln zählenden Schare bilden hauptsächlich drei Wildgansarten – die Saat-, die Bläss- und die Graugans. Unter ihnen lassen sich manchmal solche Seltenheiten wie Kurzschnabel-, Zwerg-, Nonnen-, Ringel- Rosthals- oder Kanadagans erblicken. Neben den Gänsen kommen in das Parkgebiet einige Entenarten, Blässhühner und Schwäne und bilden zusammen eine aus einer viertel Million bestehenden Individuen beflügelte Masse. Von so einem Beutereichtum werden Seeadler angelockt, deren umherziehende "Banden" im Herbst und im Winter relativ leicht zu beobachten sind. In dem ganzen Parkgebiet können bis zu 60 Vögel dieser Art überwintern.
Mit dem Wintereinbruch kommen aus dem fernen Norden die Singschwäne. Jedes Jahr überwintern im Nationalpark "Ujście Warty" bis zu 3.000 dieser Vögel und somit zählt der Park zu den größten Überwinterungsgebieten der Singschwäne in Europa. Auf nicht überschwemmten Wiesen des Nordpolders überwintern Rauhfußbussarde, die bei der Jagd oft im Rüttelflug stehen bleiben und Ausschau nach Beute halten. Es gibt hier auch Kornweihen und Merline. In der Nacht wird die Herrschaft über dem Luftraum von Waldohr-, Schleier- und Sumpfohreulen übernommen.